Der Frage, wann der „Computer“ – so wie wir ihn heute kennen – Geburtstag hat, geht die Frage voraus, was denn nun ein Computer ist.
Okay, heutzutage schaut man zuerst einmal, was Wikipedia dazu sagt (Computer – Wikipedia)
Ein Computer (englisch; deutsche Aussprache [kɔmˈpjuːtɐ]) oder Rechner ist ein Gerät, das mittels programmierbarer Rechenvorschriften Daten verarbeitet. Dementsprechend sind vereinzelt auch die abstrahierenden bzw. veralteten, synonym gebrauchten Begriffe Rechenanlage, Datenverarbeitungsanlage oder elektronische Datenverarbeitungsanlage sowie Elektronengehirn anzutreffen.
Dabei war mir persönlich lange nicht bewusst, dass vor dem Siegeszug der Elektronengehirne das Wort Computer ein Begriff für Menschen war, die als Hilfskräfte komplizierte und langwierige Berechnungen für Wissenschaftler und Ingenieure durchführten. Als Arbeitsmittel zu deren Unterstützung gab es neben Papier und Bleistift ggf. noch mechanische Rechenmaschinen mit vergleichsweise geringer Leistungsfähigkeit.
Diese wird besonders anschaulich in dem wunderbaren Film Hidden Figures – Unerkannte Heldinnen beschrieben, der wahren Geschichte von drei afroamerikanischen Mathematikerinnen Katherine Johnson, Dorothy Vaughan und Mary Jackson, die maßgeblich am Mercury- und am Apollo-Programm der NASA beteiligt waren. Es ist hat Jahrzehnte gedauert bis klar wurde, welche wertvollen Beiträge diese vermeintlichen „Hilfskräfte“ zu den Raumfahrtprogrammen der 1960er Jahre geleistet haben und wie sie mit zunehmenden Einsatz von elektronischen Computern auch hier zu Pionierinnen wurden.
Wenn wir uns im Folgenden darauf verständigen unter einem Computer ein Gerät im Sinne der oben genannten Definition zu verstehen, stellt sich wiederum die Frage, welches denn nun der erste Computer war.
Die Entwicklung des Computers im heutigen Sinne begann relativ spät, etwa im Vergleich zu Auto und Flugzeug. Etwa Mitte der 1930er Jahre machten sich die frühen Pioniere daran entsprechende Geräte zu entwickeln. Dabei ist zum Beispiel der Atanasoff-Berry-Computer (ABC) zu nennen, der allerdings nie fertiggestellt wurde, in dem aber Konzepte implementiert worden waren, die erst viele Jahre später wieder aufgegriffen wurden.
Seit etwa 1937 arbeitet der deutsche Ingenieur Konrad Zuse (1910 – 1995) daran, ein mechanisches Gehirn zu bauen, dass ihm die langwierigen und monotonen statischen Berechnung in seinem Beruf als Bauingenieur erleichtern sollte. Das erste Ergebnis dieser Bemühungen war die mechanisch arbeitende Z1. Allerdings wurden schon hier die Programme von Lochstreifen eingelesen. Die Z1 funktionierte nie richtig, insbesondere wegen der anfälligen Mechanik und so entschied sich Zuse bei seinem nächsten Rechner auf elektromechanische Schaltelemente (Relais) zu setzen. Mit dem 1939 fertiggestellten Prototypen Z2 gelang es Zuse Geldgeber für eine voll funktionsfähiges Modell zu finden. Am 12. Mai 1941 wurde die voll funktionsfähige Z3 vorgestellt und – bis zur Zerstörung bei einem Bombenangriff 1943 – für Berechnungen im Flugzeugbau eingesetzt. Dieser erste praxistaugliche Computer arbeitete binär, hatte einen Speicher für bis zu 64 Fließkommazahlen und las die Programme 8-Bit codiert von gelochten 35mm-Filmstreifen ein. Insgesamt wurden für die Z3 ca. 2600 Relais verbaut.
Hört sich an, wie ein richtiger Computer, oder? So stellt dann Wikipedia auch lapidar fest:
Mit seiner Entwicklung der Z3 im Jahre 1941 baute Zuse den ersten funktionstüchtigen, vollautomatischen, programmgesteuerten und frei programmierbaren, in binärer Gleitkommarechnung arbeitenden Rechner und somit den ersten funktionsfähigen Computer der Welt.
So weit, so gut könnte man annehmen aber dann scheiden sich schon die Geister, wem denn die Ehre gebührt, den Computer aus der Taufe gehoben zu haben. Wie so oft, wenn es um wahren oder vermeintlichen Ruhm geht, gibt es nicht nur eine historische Wahrheit und so überrascht es nicht wirklich, dass auch hier die Trennlinien entlang nationaler Grenzen verlaufen. Falls es keine einhellige Meinung gibt, bleibt als Ausweg die Strategie: Wenn man mit dem Ergebnis nicht zufrieden ist kann man immer noch die Regeln ändern. Und so hat man sich aus US-amerikanischer Sicht darauf festgelegt den 1945 fertiggestellten Electronic Numerical Integrator and Computer (ENIAC) als ersten Computer der Welt zu betrachten. Der Trick dabei ist, dass man einen elektronischen, also aus Röhren und später Transistoren, aufgebauten Computer fordert und nicht etwa auf Relais basierend, wie die Zuse Z3. Dabei wird aber geflissentlich übersehen, dass seit 1943 in England die, nach dieser Definition elektronische, Colossus dabei half die Codes der Enigma zu knacken. Um auch dieser Falle zu entgehen fordert man dann Turing-Vollständigkeit. Et voilá nun hat doch ENIAC die Nase vorne. Dass dieser Computer aber im heutigen Sinne nicht speicherprogrammierbar war fällt dabei anscheinend nicht ins Gewicht. Während ENIAC zum Programmieren jeweils mühsam neu verkabelt werden musste, lasen Zuses Rechner seit der Z1 die Programme von Lochstreifen.
All diese Widersprüche räumt auch Paul E. Ceruzzi, der Autor des Standardwerks „A History of Modern Computing“ freimütig ein und reduziert dann doch im Folgenden seine Betrachtung weitgehend auf die US-amerikanische Perspektive. Unabhängig davon ist das Buch absolut lesenswert und die Referenz für die Geschichte des Computers.
So entscheide ich persönlich mich dafür, die Geburt des Computers auf den 12. Mai 1941, den Tag der Vorstellung der Z3, zu datieren und freue mich, in diesem Jahr dessen 80. Geburtstag zu feiern.